Beschreibung
Birkwild – Haselhuhn, Schneehuhn
Hubert Zeiler
Im April kehrt Leben auf die Balzplätze der Kleinen Hahnen ein. Was der Jäger dort alles zu hören bekommt, findet sich in dem Buch „Birkwild“ von Hubert Zeiler. – Ein Auszug.
… Schon im Jagdbuch des Martin Strasser von Kollnitz konnte man zu Beginn des 17. Jahrhunderts nachlesen, dass der Spielhahn auch vor und nach der Balz melde – zuzeiten auch im Herbst. Der Birkhahn ist unter den Raufußhühnern besonders ruffreudig. Mit Ausnahme der Mauserzeit von Juli bis Anfang August kann man Kleine Hahnen eigentlich das ganze Jahr über hören, das Rodeln und Kullern ist also keineswegs nur auf die Balzzeit beschränkt. Welche Lautäußerungen sind aber nun überhaupt beim Birkhuhn zu unterscheiden?
In der Jägersprache gibt es beim Kleinen Hahn nur Ausdrücke für zwei Lautäußerungen: das Blasen oder Rauschen, auch Zuschen oder Fauchen genannt; und das typische, weit hörbare Kullern oder Rodeln, auch Kollern oder Grugeln genannt. Vor allem das Blasen kann man leicht nachahmen, es ist ein zweigeteiltes Zischen mit Betonung auf dem ersten Teil und einem etwas länger gezogenen zweiten Teil: „tschu-iich“. Der Laut ist auch über größere Entfernung gut zu hören, bei günstigem Wind bis zu einem Kilometer weit. Man kann sich gut daran orientieren, wenn man einen Hahn sucht oder anbirscht. Häufig hat man dabei zunächst den Eindruck, der zuschende Birkhahn sei näher da, als dies tatsächlich der Fall ist. In der Regel ist das Rauschen verbunden mit einem Flattersprung. Oft bleibt der Hahn aber auch am Stand und hebt kaum vom Boden ab. Dabei öffnet er mit lang gestrecktem Stingel blitzschnell die Schwingen, sodass die weißen Unterseiten aufblitzen.
Zu hören ist das Blasen zunächst am frühen Morgen, wenn die Hahnen in der Dämmerung auf dem Balzplatz einfallen. Man sitzt im Schirm, allmählich, kaum merkbar, nimmt das Tageslicht zu. Noch ist es so düster, dass man kaum Konturen erkennt. Gerade hat man sich vom Aufstieg ein wenig erholt, eingehüllt in den vor der kühlen, frischen Morgenluft schützenden Wetterfleck könnte man soeben noch einmal kurz einnicken – da reißt dich der erste Zuscher aus der schläfrigen Ruhe. Das Rauschen ist ein guter Weiser, wie intensiv oder hitzig die Balz abläuft; es stimuliert die Hahnen richtiggehend und nimmt zu, wenn es am Balzplatz sehr lebendig ist. An einem guten Morgen in der Hochbalz können territoriale Hahnen zwei bis drei Mal pro Minute rauschen. Mit diesem Laut kann man einen Hahn auch gut heranlocken. Er reagiert in der Regel sofort darauf, und nicht selten streicht der Hahn dem vermeintlichen Rivalen auch zu und fällt dann vielleicht sogar noch genau beim Schirm ein.
Das Rodeln trägt der Birkhahn mit vorgestrecktem Hals, leicht hängenden Schwingen und gefächertem Stoß vor. Wenn viele Hahnen auf dem Balzplatz gleichzeitig kullern, dann ist die ganze Luft erfüllt von diesem Grugeln und Kollern. Ein einzelner Hahn kann minutenlang ohne Unterbrechung rodeln. Dabei wird der Hals aufgebläht, weil sich dort Taschen mit Luft füllen. Die Luft dafür kommt aus den Luftsäcken der Vögel, nicht aus der Lunge. Vögel atmen vollkommen anders als Säugetiere, ihre vergleichsweise kleinen Lungen sind unbeweglich im Brustkorb eingewachsen. Es gibt zwar auch Muskeln, die für das Ein- und Ausatmen wichtig sind, aber sie wirken auf die Rippen und den Brustkorb. Vögel haben auch kein Zwerchfell. Wird das Brustbein abwärts bewegt, dann wird dadurch der Brustkorb erweitert, gleichzeitig entsteht Unterdruck in der Leibeshöhle, wodurch die Luftsäcke erweitert werden – Luft wird angesaugt. Möglicherweise nimmt deshalb der rodelnde Birkhahn eine Stellung mit gesenkter Brust und vorgestrecktem Hals ein. Die wichtigsten Muskeln für die Atmung sind die Bauchmuskeln – durch sie kann die Leibeshöhle wieder verengt werden, womit Luft aus den Luftsäcken ausgestoßen wird. Die Luftsäcke selbst sind Anhänge der Lunge, sie hängen mit den Bronchien zusammen und wirken wie Blasebälge, welche die Atemluft bewegen. In diesen Luftsäcken findet aber kein Gasaustausch statt, neben der Atmung sind sie auch für die Thermoregulation und eben für den Vogelgesang wichtig. Hühnervögel haben in der Regel acht Luftsäcke, die an ganz unterschiedlichen Orten im Körper verteilt sind. Beim Singen stoßen Vögel die Luft hochfrequent aus und modulieren sie im Stimmkopf.
Den lang anhaltenden Gesang vieler Vogelarten erlaubt nur deren spezielle Atemtechnik. Vereinfacht gesagt: Durch die Luftreserven in den Luftsäcken sind bei einem Vogel gleichzeitig zwei Atemzüge möglich, weshalb es einen ständigen Luftstrom gibt – dieser ermöglicht das andauernde Rodeln des Kleinen Hahnes. Dabei hält der Hahn am Beginn jeder Strophe den Schnabel geschlossen, danach blähen sich Hals und Halsgefieder mehr und mehr, und schließlich wird am Ende der Strophe der Schnabel ganz kurz geöffnet – erkennbar ist dies an kalten Tagen an einer kleinen Atemwolke. Birkhennen bevorzugen offensichtlich Hahnen, die weniger und kürzere Pausen beim Rodeln einlegen.
Für eine dritte Lautäußerung des Birkhahns gibt es in der Jägersprache keinen Begriff – sie ist auch schwer zu beschreiben. Hier hilft uns aber wieder einmal der gute alte Strasser von Kollnitz weiter. Seine Gesangsbeschreibung aus der Zeit um 1630 ist zwar recht zutreffend, dennoch wird sie vermutlich nicht in die heutige Jägersprache eingehen. Strasser meint, dass der Spielhahn „laut pludert, bisweilen keucht und wunderbarlich speibt“. Für dieses „Speiben“ (Sich-Übergeben) wird in Fachkreisen der Ausdruck „Krokraio“ verwendet. Meines Erachtens ist auch dies keine wirklich glückliche Beschreibung. Das Krokraio ist ein zwei- bis dreisilbiger Ruf, mit dem häufig das Rodeln unterbrochen wird. Oft ist es mit gesteigerter Aggressivität oder einer Herausforderung an Nebenbuhler verbunden. – Lassen wir es dabei bewenden. Wer es genauer wissen will, der möge sich ein wenig Zeit nehmen, beobachten und die Birkhahnen selbst zu Wort kommen lassen.
Skandinavische Raufußhuhnforscher geben an, dass das Rodeln der Kleinen Hahnen bis zu 3 Kilometer weit zu hören sei. Im Gebirge kann die Entfernung bei guten Wind- und Witterungsverhältnissen noch größer sein. Aus eigener Erfahrung kann ich Entfernungen bis zu knapp über 4 Kilometer bestätigen – 1,5 bis 2 Kilometer sind keine Seltenheit. Die akustische Mitteilung reicht in diesem Fall viel weiter als die optische, dies gilt zumindest für uns Menschen. Auf rund 1 Kilometer ist ein Birkhahn mit dem Fernglas aber auch noch zu sehen. Als große Hilfe für das Auffinden dient dabei der weiße Unterstoß. Während der Hahn ruft, bewegt er sich. Wenn er sich dreht, leuchten die Unterstoßfedern wie ein Spiegel, der in der Sonne blinkt. Gerne und lang anhaltend melden Kleine Hahnen oft bei Nebel.
Birkhennen sind nach meiner Auffassung ruffreudiger als Auerhennen. Auf dem Balzplatz ist dies weniger offensichtlich, als wenn sie gestört und abgetreten werden; dann geben sie, im Gegensatz zur Auerhenne, ihr nasales Gackern von sich. Birkhennen streichen, ebenso wie Auerhennen, gerne gockend zur Arena. Dabei hat die Birkhenne eine deutlich höhere Stimmlage als die Auerhenne, das Gocken wird auch schneller vorgetragen. Auch Locklaute kennt die Birkhenne, mit ihnen hält sie das Gesperre zusammen oder ruft es nach einer Flucht wieder zusammen. In Russland wurde früher sogar der Lockruf verwendet, um Henne samt Gesperre zu bejagen. Einfache Jäger hatten keine Hühnerhunde und waren auch keine geübten Flugwildschützen; also zersprengten sie absichtlich das Gesperre, um danach die Vögel durch den Lockruf einzeln wieder herbeizurufen und zu erlegen …
Dieses Buch macht das gesamte heutige Wissen um Birkhuhn, Haselhuhn und Schneehuhn allgemein zugänglich.
296 Seiten, über 100 Farbfotos und 50 SW-Zeichnungen.
Exklusiv in Leinen.
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