Beschreibung
Jägerbrauch
Herberstein / Schaschl / Stättner / Sternath
Buch-Auszug: Die Jagdeinladung
… Gehen wir einmal davon aus, dass Sie nicht auf einer 2.000-Hektar-Eigenjagd sitzen, sozialen Kontakten nicht abgeneigt sind und jagdlich auch einmal über die eigene Reviergrenze blicken wollen. Dann nämlich wird Sie früher oder später etwas ereilen, was zu einem Jägerleben schlicht dazugehört: die Jagdeinladung.
Wie reagiere ich richtig?
Obwohl Einladungen in unserer Gesellschaft etwas Selbstverständliches und Alltägliches sind, macht sich oft Unsicherheit breit, wenn sich diese um die Jagd drehen. Vorweg daher ganz Grundsätzliches zum Thema Jagdeinladung – und völlig unabhängig ob Sie diese auf handgeschöpftem Büttenpapier, telefonisch oder, immer häufiger, via E-Mail erreicht:
• Eine fristgerechte Antwort und ein angemessener Dank für eine Jagdeinladung sind selbstverständlich, auch wenn dies heutzutage sogar im „zivilen Bereich“ oft in Vergessenheit zu geraten scheint.
• Die Jagdeinladung gilt einem bestimmten Jäger allein! Auch wenn man den Jagdherrn gut kennt und etwa einem befreundeten Jungjäger etwas Gutes tun will, versucht man nicht, noch weitere Jäger „einzuschnorren“. Oder noch schlimmer: Der Versuch, einen Ersatzjäger zu nominieren, weil man persönlich verhindert ist. Stellen Sie sich doch nur vor, Sie laden einen Freund zu einem Abendessen ein und dieser schickt Ihnen – weil er selbst nicht kommen kann – jemand völlig Unbekannten an den häuslichen Tisch. Wären Sie darüber erfreut?
• Auch die Frage, ob eine nicht jagende Begleitperson mitgenommen werden darf, ist heikel. Die meisten Jagdherren werden solchen Bitten wahrscheinlich sogar nachkommen, glücklich sind sie darüber garantiert nicht. Warum? Eine zusätzliche jagdfremde Person bedeutet auf alle Fälle zusätzlichen Aufwand: etwa bei der Unterbringung, bei Transportfragen oder der Planung eines Schüsseltriebes. Noch wesentlicher ist allerdings der Punkt Sicherheit. So stellt eine Begleitperson bei einer Treibjagd nicht nur ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar, sondern verringert auch die Beweglichkeit und den Schussbereich des Schützen. Ganz abgesehen davon, dass man auf dem Stand in trauter Zweisamkeit auch gern Wild „übersieht“ …
Anpacken und einpacken
Der Normalfall: Man hat die Jagdeinladung mit Freude und Dank angenommen. Und damit beginnt die gewissenhafte Vorbereitung auf die Jagd. Auch dazu in aller Kürze das Wichtigste:
• Kein Jagdgast braucht sich scheuen, dem Jagdherrn all jene Fragen zu stellen, die nicht eindeutig aus der Einladung ersichtlich sind. Etwa: Auf welche Wildarten gejagt wird, mit welchen Witterungsverhältnissen zu rechnen ist oder wie der Ablauf der Jagd geplant ist. Gerade Jungjäger trauen sich oft nicht, direkt und unverblümt nachzufragen, weil man ihnen das als Unwissenheit auslegen könnte. Das Gegenteil ist aber der Fall: Jeder Jagdherr wird für eine gewissenhafte Vorbereitung seiner Gäste Verständnis haben und sich darüber sogar freuen, garantiert diese doch nicht nur den reibungslosen Ablauf der Jagd, sondern auch einen größtmöglichen „Jagderfolg“.
• Nachdem die offenen Fragen mit dem Jagdherrn geklärt sind, beginnt die eigene Vorbereitung. Mit Sicherheit wird einem die ein oder andere zu bejagende Wildart nicht so geläufig oder die Jagdart nicht so vertraut sein. Es lohnt sich, bei erfahrenen Jägern nachzufragen und deren Tipps und Erfahrungen einzuholen, etwa in Sachen Munition. Außerdem ist es immer ratsam, sich mit geeigneter, praxisbezogener Fachliteratur einzulesen.
• Jagdeinladungen sind kein Platz für Experimente! Man verwendet daher nur ein Gewehr, mit dem man hundertprozentig vertraut und sicher ist. Auch wenn gerade Gesellschaftsjagden dazu animieren, endlich einmal die edle aber verstaubte Flinte des Großvaters aus dem Schrank zu holen oder das in der Handhabung noch ungewohnte funkelnagelneue 12×56-Fernglas: Beides kann getrost im Schrank bleiben! Das unbekannte Revier wird allein schon Herausforderung genug sein, dazu braucht es keine zusätzlichen Unsicherheitsfaktoren.
• Die richtige Ausrüstung: Nachdem man in Erfahrung gebracht hat, was einen bei der Jagd erwartet, sucht man sich die passende Ausrüstung zusammen: Gewehr, Munition, Optik, Kleidung und Zubehör. Ein gutes Maß, wie viel und vor allem welches Zubehör mitgenommen werden sollte, ist der Rucksack. In diesem sollte all das Platz finden, was man für einen kompletten Jagdtag braucht. Von der Zweitwäsche über die Verpflegung bis zur Reservemunition. Die gesamte Ausrüstung sollte leicht „am Jäger“ getragen werden können, jedes zusätzliche Utensil, das etwa von Stand zu Stand einer Drückjagd getragen werden müsste, ist nur einschränkend und störend. Unabhängig davon ist es aber ratsam, bei der Anreise mit dem Auto ausreichend „Ersatzausrüstung“ wie etwa anderes Schuhwerk, zusätzliche Munition oder einen Sitzstock mitzuführen. Für den Fall, dass einen statt der erwarteten gefrorenen Schneedecke Plusgrade und Schlamm erwarten, auf eine zusätzliche Wildart gejagt oder ganz einfach nur einem Jagdfreund ausgeholfen werden kann. Und wenn das alles nicht zutrifft, bleibt solche „Ersatzausrüstung“ ganz einfach im Kofferraum liegen.
• Stichwort „Munition“: „Ja, übrigens, im zweiten Waldtrieb kann unter Umständen auch Schwarzwild vorkommen!“ Ein Satz in der Begrüßungsrede des Jagdherrn einer Niederwildjagd, dem oftmals nur verdutzte fragende Blicke folgen. Genügend Zwölfer- oder Sechzehner-Schrotpatronen sind dabei, aber wer hat schon an Flintenlaufgeschosse gedacht? Man erspart sich und dem Jagdherrn solche Aha-Erlebnisse, in dem man genügend und vor allem passende Munition einpackt. Frei nach dem Motto: Lieber zu viel als zu wenig. Ein rechtzeitiger Blick in den Waffenschrank und auf die dort gelagerten (noch brauchbaren) Reserven erspart mit Sicherheit unliebsame Überraschungen oder hektische Einkaufsfahrten am Jagdtag selbst.
Nur kein Stress
Genug der Vorbereitungen, nun geht es um die Jagd an sich. Hier gilt, völlig unabhängig ob Gesellschafts- oder Einzeljagd, vor allem ein Grundsatz: Es gibt keinen Erfolgsdruck! Gleichgültig, wie wenig Zeit der Jagdgast, der Jagdherr oder der begleitende Jäger auch haben oder wie oft schon auf ein und denselben Bock oder Hirsch gegangen worden ist. Wer jagt, kann und darf nichts erzwingen und muss auf den passenden Augenblick warten können. Gerade bei Jagdeinladungen wird das oft vergessen. Auf der einen Seite der Jagdherr, der seinem Gast etwas „bieten“ und diesen unbedingt zu Schuss bringen will, auf der anderen Seite der Jagdgast, der sich als schneller und verlässlicher Schütze präsentieren will – eine grausame Mischung aus Hast, Selbstüberschätzung und Gier, die nur auf Kosten des Wildes gehen kann …
Gelebtes & Überlebtes in der Jagd. – Das Buch gibt die Antworten auf alle jagdlichen Traditionen und Jägergepflogenheiten. Es hinterfragt aber auch kritisch das Bestehende und scheut sich nicht, bisherige Tabus auszuleuchten.
272 Seiten, 32 Seiten farbiger Bildteil.
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.