Beschreibung
Kaiserliche Jagdreviere in den Donau-Auen
H. Prossinagg / G. Haubenberger
Vor noch nicht allzu langer Zeit wurde im Prater fröhlich gejagt. Das einfache Volk durfte diese Gebiete nicht betreten. Erst nach und nach fielen die „Planken“ … – Ein Buch-Auszug.
… Der jüngere Sohn von Kaiser Maximilian I., der spätere Kaiser Ferdinand I. (1556–1564), der stets im Schatten seines berühmten Bruders Kaiser Karl V. stand, in dessen Reich „die Sonne nie unterging“, hatte zwar keine ausgeprägten jagdlichen Ambitionen. Weil er jedoch in den Auwäldern im „Unteren Werd“ einen mächtigen Hirsch erlegte und eine Brücke über den „Fugbach“ anlegte, „dem Rinnsal, das bei großem Wasserandrange zu einem förmlichen Bach anschwoll … und den Unteren Werd vom Prater trennte“, änderte sich die Situation; es schien, als sei ein Bann gebrochen. Von ihm wurde auch noch eine 2.315 Klafter (rund 4.370 Meter) lange Schneise durch den Auwald geschlägert, welche die Jagdausübung bedeutend erleichterte und bald zur „Hauptallee“ wurde.
Sein Sohn, der spätere Kaiser Maximilian II. (1564–1576), war herzleidend und kurzatmig und bevorzugte die Jagd im ebenen Gelände. Nach dem Tode seines Vaters im Jahr 1564 verlegte er allmählich sein Hauptjagdgebiet in die Donau-Auen, er kaufte sogar 1569 noch die Katerburg – ein Vorläufer von Schönbrunn. Zur gleichen Zeit ließ Maximilian II. unweit des kaiserlichen Jagdschlosses Ebersdorf ein höchst prunkvolles neues Jagdschloss errichten, das im Gegensatz zum alten kaiserlichen Jagdsitz die Bezeichnung „Neugebäude“ bekam. Das umliegende Gelände wurde zu Zier- und Tiergärten umfunktioniert, in welchen er die fremdländischen Tiere ansiedelte, die sein Vater aus Spanien mitgebracht hatte; ein Teil dessen war auch ein Fasangarten („Vasshangartten“), in dem die damals noch weitgehend unbekannten exotischen Vögel gehalten wurden.
Diese Zier- und Tiergärten grenzten an die alten Eichen- und Auwälder am Ufer des Wiener Wassers; diese leicht erreichbaren Jagdgebiete diesseits und jenseits wurden von Maximilian II. immer mehr geschätzt.
Um Fremden den Eintritt zu verwehren, ließ er nicht nur Teile im Unteren Werd mit einem Eichenzaun, den so genannten „Planken“ umschließen, um dort allein und ungestört zu jagen, er ließ sich auch die einzelnen Grundstücke 1570, welche sich Stifte und Klöster im Unteren Werd anzueignen verstanden hatten, für den kaiserlichen Hof wieder zurückkaufen.
Der von Maximilian II. im Jahre 1569 begründete Fasangarten zum „Aufzug von Fasanen“ beim Neugebäude erregte in der Öffentlichkeit hohes Aufsehen; bald gab es diese bunten Vögel, die bis dahin in der freien Wildbahn unbekannt gewesen waren, auch im umplankten Jagdrevier jenseits des Wiener Wassers. Dort wurden sie auch gefüttert, dienten aber in den folgenden Jahrzehnten nur der Attraktion, dem Anheben des Ansehens des Kaisers in der Öffentlichkeit, denn die damals üblichen „Feuerrohre“ waren zum Beschießen von Federwild nicht geeignet. Die „Vogelflinten“ kamen erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf, also etwa zweihundert Jahre später. Flugwild wurde damals nur „gebeizt“, also mit dem Beizvogel bejagt, und Fasane blieben davon verschont.
Eine weitere und ganz besondere Einmaligkeit waren die Bronzeputer, welche die Kaiserin Maria, eine Tochter von Kaiser Karl V. (1519-1556), geschenkt bekommen hatte und im Prater aussetzen ließ. Diese wilden Truthühner stammten aus Nordamerika, fühlten sich aber im neuen Lebensraum in den Donau-Auen bald heimisch und überlebten hier bis ins 20. Jahrhundert.
Für die zahlreichen Jäger und Jagdgehilfen, welche nun zur Hege des Wildes und zur Vorbereitung der Jagden benötigt wurden, ließ Kaiser Maximilian II. längs der Zufahrt zum Prater, in der Gegend „unter den Felbern“, Häuser bauen, die schließlich als „Jägerzeile“ eine eigene kleine Siedlung bildeten und in der „jedes Haus sich der Freiheit erfreute, Bier und Wein ausschenken zu dürfen und von Einquartierung von Truppen befreit zu sein“. Hinter den Wohnstätten der Hofjäger und deren Gehilfen, den „Plachen- und Rüdenknechten“, standen die Stadeln zur Verwahrung von Jagdutensilien und für die Unterbringung der Hunde („Rüden“) zum Treiben und Fangen des Wildes. – Der Wildbestand erreichte bald eine derart ansehnliche Dichte, dass in den Eichenwäldern beim Neugebäude und im Jagdgebiet Prater im Jahre 1574 schon eine Prunkjagd für den König von Polen, Heinrich von Valois, veranstaltet werden konnte.
Am Ende der langen Schneise, der „Hauptallee“, die am Fugbach ihren Anfang nahm, entstand um die Mitte des 16. Jahrhunderts das so genannte Lusthaus, das man als „Grünes Lusthaus“ bezeichnete und das hauptsächlich als Treffpunkt in der sonst unbesiedelten Auenlandschaft diente. Wie es ausgesehen hat, ist nicht bekannt, da es wiederholt um- und ausgebaut wurde, ja es dürfte sogar als Gebäudegruppe nahe an einer Schlinge des Wiener Wassers im Zusammenhang mit dem Zier- und Tiergarten des Neugebäudes gedacht gewesen sein.
Auch der Nachfolger von Kaiser Maximilian II., Kaiser Rudolf II. (1576–1612), schätzte die Jagd im Prater, obwohl er seine Residenz von Wien nach Prag verlegte. Weil er aber selten nach Wien kam und in der nächsten Umgebung nicht mehr wie ehedem nur vereinzelt ärmliche Fischer und Schiffleute wohnten, sondern inzwischen „fleißige Gärtner die Wälder lichteten, das Land von Sümpfen und Wässern befreiten und dafür den fruchtbaren Boden mit schönen Wiesen und lachenden Gärten sich nutzbar machten“, und weil immer mehr Stadtbewohner die Augebiete aufsuchten, wurde das Jagdgebiet mit der kaiserlichen Anordnung unter eine strenge Aufsicht gestellt:
„Niemand solle in Unserer Au, dem Prater, Sommers- oder Winterszeit gehen, fahren, reiten, hetzen, jagen oder fischen, ohne Willen des kaiserlichen Forstknechtes Hans Bengel.“
Wegen seiner urwüchsigen Grobheit war dieser „Bengel“ derart bekannt, dass sein Name schließlich im gesamten deutschen Sprachraum zu einer Umschreibung für Barschheit und Brutalität werden sollte. So blieb das Jagdgebiet im Prater für die „gewöhnliche“ Wiener Bevölkerung weit über ein Jahrhundert völlig gesperrt …
Ein jagdgeschichtlicher Rückblick auf die kaiserlichen Aureviere der Habsburger rund um Wien.
Kaum einen Jäger in Österreich gibt es, der nicht von Hermann Prossinagg etwas über die Geschichte der Jagd gelernt hat. Sein Buch „Österreichs Jagd im 20. Jahrhundert“ ist längst Legende und ein Muss in jedem gepflegten Jägerhaushalt. Was aber immer noch einer gründlichen jagdgeschichtlichen Darstellung harrte, das waren die Kaiserlichen Jagdgebiete in den Donau-Auen, wie etwa der Prater. Wer weiß zum Beispiel heute noch, wer die „Praterhanseln“ waren: die kaiserlichen Hirsche. Oder dass es einen Mann namens „Bengel“ wirklich gegeben hat: ein kaiserlicher Jäger und Grobian, der die Wiener Bevölkerung verklopfte, wenn sie die Jagdgründe betraten; heute ist der „Bengel“ Bestandteil unserer Alltagssprache. Wer weiß, dass es einst einen derart erbitterten Kampf um eine Au gegeben hat, dass man diese letztlich die „Kriegs-Au“ nannte: die heutige Krieau. Soweit nur einige wenige Beispiele dafür, was Hermann Prossinagg zur Geschichte der Kaiserlichen Jagdreviere in den Donau-Auen zutage gefördert hat. Er greift in seiner Darstellung der Gebiete in den Donau-Auen aber viel weiter zurück als nur auf Habsburg-Zeiten, etwa auf Wien zur Zeit der Römer, und wie die Donau damals ausgesehen haben mag. Die Donau-Auen wurden damals noch kaum betreten, sie waren feindlich, doch boten sie auch guten Schutz vor Feinden, vor allem zum Nordosten hin.
120 Seiten, reich illustriert.
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