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Baum & Wildtier

Hubert Zeiler

Heimische Bäume im Porträt. In seinen Streifzügen behandelt Hubert Zeiler auch ausführlich die wechselvolle Beziehung zwischen Mensch und Wildtier und erklärt viele hochspannende Zusammenhänge.
160 Seiten, an die 100 illustrative Farbzeichnungen des Autors.

Preis: Euro 39,–
inkl. MwSt.

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Dort, wo andere Baumarten nicht mehr hinkommen, fängt das Reich der Zirbe erst an. Diese Kiefernart wächst in Höhen, in denen andere Bäume nicht mehr überleben können. Sie ist ein Charakterbaum der Inneralpen, besiedelt aber auch weite Teile Sibiriens. - Buch-Auszug.


Wir Menschen wissen zwar über erdgeschichtliche Epochen Bescheid, aber so richtig erfassen und nachvollziehen können wir diese Zeitspannen nicht. Was denken Sie, wie lange es gedauert hat, bis ein Baum und eine Vogelart so aufeinander abgestimmt waren, dass sich der Baum ohne den Vogel nicht mehr ausbreiten konnte? Zwischen Zirbe und Zirbenhäher hat sich über Jahrtausende hinweg eine enge Symbiose aufgebaut, sodass die Verbreitung der Samen dieser Baumart heute fast ausschließlich über diesen Vogel erfolgt. Die schwerfrüchtigen Samen der Zirbe würden ansonst – ähnlich wie bei einer Eiche – unter dem Baum liegen bleiben. Der Zirbenhäher seinerseits ist mit seinem langen kräftigen Schnabel bestens angepasst um die schweren Zapfen zu transportieren und sie zu öffnen.
Die Zirbe hat ihre Samenverbreitung nicht, wie Lärche oder Fichte, an den Wind angepasst, dafür müsste die Saat möglichst leicht und klein sein. Zirbensamen sind groß, schwer und voller Energie – davon aber später –, sie bringen für den Start ins neue Leben einiges an Reserven mit, sodass die Keimlinge bessere Ausgangsbedingungen für den unwirtlichen Lebensraum der Hochlagen erhalten.
Häufig wird nun beschrieben, dass der Zirbenhäher Nahrungsverstecke anlegt, von denen er einen Teil trotz seines unvorstellbar guten Ortsgedächtnisses nicht wieder findet. Aus den Zapfen in diesen übrig gebliebenen Depots würden dann neue Keimlinge aufwachsen. Das ist aber sicher nicht die ganze Wahrheit. Der Zirbenhäher hinterlässt im Herbst auch sehr viele Zapfen, die er zwar geöffnet, aber nicht gänzlich leergefressen hat. Fast immer bleiben einige unbeschädigte Kerne zurück, welche dann noch keimen können. Ein Vorteil dabei ist, dass der Vogel die Zapfen zum Bearbeiten häufig in morsches Holz steckt. Dieses bildet wiederum ein gutes Keimbett, sodass dem Zirbennachwuchs der Start ins Leben erleichtert wird.

Mastbaum unter den Nadelhölzern
Aus den Alpen ist die Nutzung der Zirbelnüsse seit Jahrhunderten bekannt. Die Samenkerne enthalten bis zu 70 Prozent Fett und wurden früher auch als Nahrungsmittel gesammelt. Bereits um 1850 schreibt Josef Wessely, ein bekannter Forstmann der k.u.k. Monarchie: „Die Zirbe hat unzweifelhaft an Verbreitung verloren, weil man ihrem wertvollem Holze und ihren essbaren Nüssen zu schonungslos nachstrebte.“ In der sibirischen Taiga, wo es auch heute noch große ausgedehnte Zirbenwälder gibt, ist diese Baumart eine wichtige Nahrungsquelle für Mensch und Tier. So wird darüber berichtet, dass Auerwild in den Zirbenwäldern im Herbst deutlich an Gewicht zulegen soll – der Grund sind die nahrhaften Zirbensamen. Dort, wo Wildscheine vorkommen, nutzen sie die Mast dieses Nadelbaumes, ebenso Flughörnchen, Streifenhörnchen und Eichhörnchen, von denen wieder Zobel, Eulen und Greifvögel leben, eine ganze Reihe von Mäusen, sibirische Tannenhäher, der Bindenkreuzschnabel, Spechte und viele andere Tierarten der Taiga profitieren von den energiereichen Samen der Zirbenbäume.
Über den Verzehr der fünfnadeligen Zirbentriebe durch Auerwild erhält man in den einzelnen Regionen der Alpen sehr unterschiedliche Auskünfte durch die Jäger. Die gewöhnliche Weißkiefer ist allgemein beim Auerwild im Winter sehr beliebt. In manchen Regionen wird auch die Zirbe sehr gerne genommen, in anderen wieder berichten Jäger, dass Auerwild die Zirbe offensichtlich nicht brockt. Sicher ist, dass Birkwild Zirbenknospen und Nadeln gern aufnimmt.

Kalt und trocken
Zirben sind sehr langlebige, frostharte Nadelbäume. Diese Kiefernart verträgt Temperaturen bis –40° C und kann auch im Sommer einen Kälteeinbruch bis zu –8° C leicht wegstecken, sodass Temperaturstürze, wie sie in den Hochlagen immer wieder vorkommen, kein Problem sind. Die sturmfesten Bäume an der Waldgrenze können bis zu 400 Jahre alt werden, in Ausnahmefällen wird auch von tausendjährigen Zirben berichtet. In der Nähe des Findelen-Gletscher im Monte-Rosa-Massiv östlich von Zermatt soll eine Zirbe mit 2,40 Meter Durchmesser zwischen 1.000 und 1.200 Jahre alt gewesen sein. Dieser Gletscher liegt im Süden des Kanton Wallis in der Schweiz, und im Wallis sowie im Engadin, in den Ötztaler und Zillertaler Alpen gibt es bedeutende alpine Zirbenvorkommen. Warum? Die aufgezählten Gebiete liegen alle in den Inneralpen, und dort herrscht hochsubalpines, kontinentales Klima vor. Das heißt: Die Winter sind sehr kalt, aber eher niederschlagsarm. Zirben kommen mit einer mittleren Jahrestemperatur von 0° C und einer Vegetationszeit von zwei bis zweieinhalb Monaten zurecht. Zirben kommen zwar auch auf Kalkgestein vor, sie bevorzugen aber Silikat oder Böden mit einer mächtigen Rohhumusauflage. Ausgedehnte Zirbenbestände gibt es im Krimmler Achental, auf der Turrach und ganz im Osten am Zirbitzkogel in der Steiermark. Lärchen-Zirbenwälder bieten in der Regel sehr gute Rotwildlebensräume und das nicht nur im Sommer, sondern aufgrund des kontinentalen Klimacharakters auch im Winter. Zudem sind sie weniger wildschadensanfällig.

Gut für den Kreislauf, schlecht für die Motten
Die Zirbe ist jene Baumart, die in den Alpen die größten Höhen besiedelt. 2.300 Meter sind keine Seltenheit, im Kühtai geht sie sogar bis 2.600 Meter, und in den italienischen Alpen überleben einzelne krüppelwüchsige Bäumchen sogar noch auf über 2.800 Metern. Man möchte sich fast fragen, ob ihnen da oben nicht die Luft ausgeht. Nun, der Baum hat mit Sauerstoffmangel kein Problem, neuere Forschungsergebnisse zeigen aber, dass Zirbenholz dazu beiträgt, dass wir Menschen uns besser fühlen, wenn wir den Duft dieser Holzart einatmen. Was liegt also in der Luft, wenn wir eine Jägerstube betreten, die mit Zirbenholz getäfelt ist. Zunächst einmal ein guter Duft, der auf das „Pinosylvin“ zurückzuführen ist.
Dabei handelt es sich um eine chemische Verbindung im Kernholz der Zirbe, die gasförmig entweicht und die nicht nur angenehm duftet, sondern gleichzeitig auch antibakteriell und gegen Pilzinfektionen wirkt. Damit ist einerseits das Holz geschützt, andererseits wussten sich Bergbauern der Alpen diesen Vorteil schon seit Jahrhunderten zunutze zu machen, indem sie Truhen für Mehl oder andere Nahrungsmittel sowie Kleiderschränke aus Zirbe anfertigten. Auf Zirbenholz können sich Bakterien nur schwer ansiedeln, gleichzeitig ist eine insektenabwehrende Wirkung zum Beispiel gegen Kleidermotten gegeben.
Mittlerweile haben sicher auch schon viele von den Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit Zirbenholz aus der Steiermark gehört. Wissenschaftler vom Joanneum Research in Graz konnten nachweisen, dass der Erholungsprozess in einem Zirbenzimmer schneller abläuft, dass die Schlafqualität dort besser ist und dass die Herzfrequenz geringer ist. In Zahlen: Wer in einem Zirbenbett schläft, der erspart sich rund 3.500 Herzschläge pro Tag. Das kommt etwa einer Stunde Herzarbeit gleich.
Wer also seine Jagdhütte mit Zirbenholz täfelt und vielleicht dort auch noch in einem Zirbenbett schläft, der steht am nächsten Morgen sicher etwas leichter auf und ist für die Frühbirsch besser ausgeruht. Vorausgesetzt, der Hüttenabend wurde nicht zu lang und man hat dem angesetzten Zirbenschnaps nicht zu viel zugesprochen …

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