Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag

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einblicke

Steile Wechsel auf felsigem Grund

Gottfried Schmidt

Bergjagd auf den Gams, den Hirsch, den Birkhahn, den Fuchs am Ufer des Achensees.
176 Seiten, 16 Farbbildseiten. Exklusiv in Leinen.

Preis: Euro 29,–
inkl. MwSt.

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Im Berg schmilzt der Schnee, der Boden geht auf, Krokus und Enzian blühen, und die Luft ist voller Frühlingsgerüchen. Kaum sonst erlebt man eine Landschaft so intensiv wie bei der Jagd auf den Kleinen Hahn. - Leseprobe.


... Ich glaube, es war der feinste Hahnenansitz meines bisherigen Jägerlebens. Frühlingshaft warm, völlig windstill hüllte uns die Spätnacht ein. Nur langsam vergingen die Minuten. Sonst fallen mir in solchen Augenblicken schon bald die Augen zu, aber nicht heute. Auch die beiden für Schlaf sehr anfälligen Steirer blieben hellwach. Ganz still war es. Angestrengt lauschte ich auf das Einfallen des Hahnes.
Halb fünf. Mit dem Schwinden des Mondes wurde es wieder dunkler. Jeder nur halbwegs erfahrene Hahnenjäger weiß, dass es in dieser völligen Stille den Zeitpunkt gibt, zu dem der Hahn einfallen und zu singen beginnen muss, wenn er überhaupt da ist. Noch hatte kein Vogel zu singen angefangen. Erst eine Viertelstunde später vernahm ich die erste Strophe des Bergfinken, und dann stimmte auch noch der Kuckuck ein. In diesen letzten Wochen der Balz spielen sich die müde gewordenen Hahnen oft erst eine ganze Weile nach den Singvögeln ein, das ist mir schon klar, aber trotzdem hätte sich meinem Gefühl nach nun schön langsam etwas rühren können! Die fünfte Stunde war beinahe voll, und ich wurde ein wenig unruhig. Wenn sich hier überhaupt nichts rühren sollte, hatte ich mir einen Notfallplan zurechtgelegt. Dann würde ich mit Walter in Richtung Brandkopf birschen, Franzi sollte die Stellung halten und die Freiflächen ringsum beobachten, denn es war in diesem Gebiet schwer, die Kleinen Hahnen fest auszumachen. Hier gefiel es ihnen auf vielen Plätzen. – Aber noch war der Notfall nicht eingetreten. Jetzt war die fünfte Stunde voll und das Schusslicht da. Wenn der Hahn, den ich noch vor einer Woche bestätigt hatte, heute überhaupt kam, dann musste es gleich einmal sein.
„Tschu-iijj … tschu … iijjj“, da war sie, die Erlösung! Nur wenige Meter vor uns war der Hahn eingefallen. Hubertus schien heute seinen steirischen Jägern gut gesonnen. Mir ging der Puls schneller, ich spürte es bis in den Magen hinein, und ich meinte auch Walters Pulsschlag zu spüren. Das, was sich wenige Meter von uns fortbewegte, war der Hahn. Erstmals konnte ich ihn nun genau sehen. „Tschu-iijj … tschu … iijjj“, reizte ich und bekam gleich Antwort. Alles Weitere ging schnell. Als er über den Schneefleck trippelte, erkannte ich den starken Hahn mit langen Sicheln. Nur: Irgendwie kam er mir ein bisschen einseitig vor … oder? Wie auch immer, einseitig hin oder her, wir mussten handeln! „Schießen, Walter“, flüsterte ich. Und wenige Sekunden später, als der Hahn breit stand und für eine Sekunde erstarrte, fassten ihn die Schrote, und er kollerte den Hang hinunter. Sofort lief ich hinterher. Denn wehe, wenn ein krankgeschossener Hahn nochmals Luft unter die Schwingen bekommt! Dann streicht er über Almen und Täler, bis er irgendwo abstürzt und verendet. Eine Nachsuche bringt fast nie etwas, und der Hahn verludert oder wird eine leichte Beute für Fuchs oder Marder. Aber heute wäre die Vorsicht nicht notwendig gewesen. Denn da lag er schon, mit zusammengeschobenem Körper, das rosengekrönte Köpfchen zur Seite gedreht, genau auf dem Steig zur Dalfazalm. Dreißig Meter war er gekollert, dabei eine feine Spur aus weichen Federn zurücklassend.
„Weidmannsheil“, rief ich zu den Steirern im Latschenschirm hinauf. Dann sah ich mir den Hahn genauer an. Die Sicheln waren breit und stark. Aber auf einer Seite fehlte der Stoß! Das genaue Begutachten musste jedoch noch warten. Rasch stieg ich zu den Freunden zurück. „Gut und vor allem schnell hast gschossn! War aber auch notwendig, sonst hätten wir die Kugel gebraucht, und das kann verzwickt werden“, sagte ich und klopfte dem Walter auf die Schulter.
Die Hahnenjagd ist immer aufs Neue ein einzigartiges Schauspiel der Natur, immer wieder faszinierend, ganz gleich, ob als Jäger, als Birschführer oder überhaupt nur mit Aug und Ohr. Ich selbst habe in meinem Leben zwei Kleine geschossen, und ich werde keinen weiteren mehr von der Alm heruntertragen. Die Balz aber, die möchte ich noch erleben, sooft es geht. – Jetzt mussten wir aber zum Anschuss! Zumindest konnten wir dort ein paar Federln zusammenklauben. Insgeheim aber hoffte ich auch auf den zweiten Teil des Stoßes. Die Federln fanden wir, mehr aber nicht. Langsam suchend stiegen wir zum Hahn hinunter. Da lag er, ein starker, alter Hahn. Blau schimmerten Brust und Stingel, rot leuchteten die Rosen. Zärtlich strich ich ihm die Federn glatt und steckte ihm als letzten Bissen einen kleinen Latschenbruch in den Brocker.
„Weidmannsheil, Walter! Das Erlebnis war großartig, aber … der Hahn hat nur einen Stoß“, sagte ich. Beim Umdrehen sah man die frische Verletzung, kaum zwei, drei Tage alt. Angefroren und beim Wegfliegen am Boden hintengeblieben waren die Sicheln nicht – was manchmal bei starken Hahnen vorkommt –, das erkannte man an der Art der Verletzung; hier musste wohl ein anderer Jäger im Spiel gewesen sein, der einen Hahnenbraten gerochen hatte: der Fuchs. Den überglücklichen Schützen störte die Einseitigkeit seiner Beute nicht, im Gegenteil. „Ganz genau so, mit halbem Stoß, werde ich ihn präparieren lassen“, meinte er.
Die Stunde, in der wir dem Hahn die Wacht hielten, war eine der schönsten, die ich hier am Durra je erleben habe dürfen. Sie lebte nicht nur von der Jagd, sondern auch von der Landschaft und von den Freunden ...

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